Liebe Urofa-Freunde,
endlich gibt es mal wieder was aus der Ecke Tutima Glashütte Urofa zu hören. Ein interessanter Beitrag der den kriegsbedingten Produktionsverlauf aller rüstungsrelevanter Güter wiederspiegelt.
Womit ich nicht einverstanden bin ist der Beginn des Einsatzes 1941. Das gleiche gilt für die Hanharts, von denen immer gesagt wird die wären schon 1940 bei der Truppe angekommen, also schon an der Luftschlacht um England beteiligt gewesen. Das kann meines Erachtens nicht sein, und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die Zifferblätter der B-Uhren vom Typ 1 vor Juni 1942 waren von den gleichen Herstellern wie für die Chronographen, nämlich WC und WB und schon vor 1942 gestempelt. Warum existieren dann keine Zifferblätter der Chronographen mit Stempeln 1941 oder 1940, wenn sie auch von der Luftwaffe beschafft wurden, also rüstungsrelevant waren?
2. Nimmt man an, die Luftschlacht um England habe bis etwa Mai 1941 angedauert, dann gingen bis dahin auf deutscher Seite etwa 4500 Mann fliegendes Personal verloren, viele davon gerieten in englische Gefangenschaft. Es müsste das eine oder andere Belegexemplar überlebt haben, es werden ja nicht alle in den Kanal gefallen sein.
3. Bei Ulric of England, Mil. Watches 1+2 wurden mehrere Soldbücher gezeigt mit Eintragungen von ausgegebenen Armbanduhren, auch dort datiert keines vor 1942.
4. Im Buch „Das deutsche Einheitschronometer“ von Altmeppen und Dittrich ist exzellent dargestellt, wieviel Zeit vergeht zwischen Planungsvergabe und Ausgabe an die Truppe am Beispiel Schiffschronometer. Das hat von der Vorserie 1936 bis zur Lieferung bei Lange 1942 an die Marine gedauert. Während die Schiffschronometer bereits vor dem Krieg bei Lange gefertigt wurden, mußte das Urofa 59 erst vollkommen neu entwickelt werden, es gab keinen Armbandchronographen aus der Vorkriegszeit, den man schnell hätte adaptieren können.
5. Bei H.-P. Donner sind technische Zeichnungen für das Urofa 59 erst ab 1940 belegt, ich kann mir nicht vorstellen dass die dazugehörige Uhr schon 1941 bei der Truppe ankam.
6. Es gibt einige authentische Sachbücher/Erfahrungsberichte von Piloten, die in den frühen Kriegsjahren mit ihren zivilen Dreizeigeruhren zu sehen sind. Erst der hochdekorierte Galland zeigt spät stolz seinen Chronographen. Auch in dem von mir vorgestellten Buch von Meimberg, der den gesamten Krieg geflogen ist sieht man ihn an der Kanalküste miteiner Rectangulaire. Erst nach Kriegsende berichtet er von seinem Chronographen, den er gegen ein Fahrrad eintauscht…
7. Da jedes Luftfahrzeug eine fest installierte Borduhr hatte, was etwa dem festen Schiffs-Bestandteil eines Marinechronometers entspricht, war die Notwendigkeit einer personengetragenen Uhr nicht vordergründig notwendig. Einzig zur Zeitübertragung und zur Navigation bei Streckenflüge in größeren Luftfahrzeugen macht eine personengetragenen Uhr Sinn.
8. Für eine Navigationsuhr nach dem Baumuster 23883 macht der häufig zitierte Zifferblatttausch Sinn und ist für den Zifferblatttypenwechsel von Typ 1 auf Typ 2 auch gut dokumentiert. Für eine Armbanduhr zur persönlichen Verwendung neben der Borduhr macht eine jährliche ZB-wechsel kaum Sinn.
Sicher gibt es gute Gründe für die Annahme, die Armbandchronographen wären früher im Einsatz gewesen. Vor allem Hanhart müht sich auf der Website um eine Vordatierung: die Tachytele kam da schon 1938 bei Luftwaffe und Marine zum Einsatz...
Wenn unsere Uhrmacher im Forum ein Wort zu den Zifferblattstempelungen sagen könnten?
Bin gespann auf die (gespaltene) Meinung eurerseits...
Viele Grüße,
Caspar